Tiergestützte Erziehungsbeistandschaften

Die Besonderheit der tiergestützten Erziehungsbeistandschaft
„Beistandschaft“ heißt: Wir nutzen Tiere als „Co-Pädagogen“. Wie das funktioniert? Zunächst binden wir in die Arbeit mit den Kindern ganz zwanglos verschiedene Tiere ein. Das können Esel, Pferde, Ziegen oder Hunde sein. Ganz selbstverständlich sind diese einfach dabei, werden einbezogen, sind „Gesprächsteilnehmer“ oder „Zuhörer“, werden umworben und umsorgt. Nimmt dann ein Tier seinerseits Kontakt zum Kind auf, aktiviert dies positive Gefühle. Dann kann man auch leichter über Gefühle sprechen, sich diese erst einmal bewusstmachen. Damit kann dann gearbeitet werden. So lernt das Kind zum Beispiel, seine eigenen Bedürfnisse zu erkennen. Indem man ihm ein Tier anvertraut, lernt es, Verantwortung dafür zu übernehmen. Das hilft, auch für sich selbst verantwortlich zu werden, was ja oft nicht so ist.
Die tiergestützte Erziehungsbeistandschaft (EB) grenzt sich deutlich vom heilpädagogischen Reiten oder anderen reitähnlichen Angeboten ab. Es ist ein intensiv-pädagogisches Angebot mit dem Tier, bei dem nicht eine Form des Reitens im Vordergrund steht, sondern die wechselseitige Interaktion.

Intensive Methoden bewähren sich zur nachhaltigen Entlastung Ihrer Familie
Wenn Sie sich für diese Hilfeform entscheiden, geht es natürlich auch noch um viel tiefer liegende Prozesse: Die intensive und interaktive Arbeit mit dem Kind und Ihnen soll nachhaltig destruktive Verhaltensmuster und Strukturen innerhalb Ihres Systems deutlich machen, diese aufbrechen und durch angemessenere ersetzen. Dabei liegt der Fokus darauf, Ihre Familiensituation langfristig zu entlasten und zu stabilisieren. Um biographische Eckdaten und Aufträge differenzierter erfassen und bearbeiten zu können, nutzen wir auch intensivpädagogische Methoden wie z.B. Bodenanker, Druckzonenmodell, Refraiming, Führen und Folgen. Mit dieser Methodenvielfalt stoßen wir Entwicklungen an, die Sie in die Lage versetzen, notwendige Veränderungen selbst in die Hand zu nehmen.

Wir setzen auf Ihre Mitarbeit
Ziel der tiergestützten EB ist es grundsätzlich, ein positives Selbstkonzept Ihres Kindes aufzubauen. Nichts ist schlimmer, als wenn ein Kind sich selbst nicht leiden kann. Mit Ihnen gemeinsam finden regelmäßige Elterneinheiten (mit und ohne Kind, jedenfalls aber mit Tieren!) statt. Diese sollen dazu führen, das Erlebte und die neuen Erfahrungen auf familiäre Beziehungs- und Verhaltensmuster zu übertragen. Auf diese Weise offenbaren sich neue Handlungsmöglichkeiten für den gemeinsamen familiären Alltag.

Wie gestaltet sich eine tiergestützte EB für Sie und Ihr Kind im praktischen Alltag?
Der tiergestützte Teil der EB wird von einer speziell ausgebildeten Fachkraft durchgeführt. Dies kann sowohl auf dem Gelände der Farm am Holzlarer Weg geschehen als auch an Außenstandorten oder besonders ausgewählten Orten – dann jedoch in der Regel mit einem Hund. Unsere Mitarbeiter*innen machen auch Hausbesuche, die mit und ohne Tier stattfinden können – je nachdem, was bearbeitet werden soll. Während der tiergestützten Einheit arbeitet die Pädagogin überwiegend einzeln mit Ihrem Kind, mit Ihnen oder im Familienverbund.

Die Wirkung tiergestützter Hilfen

Warum der Umgang mit Tieren solch positive Auswirkungen ihr Kind haben kann
Der Umgang mit einem Tier kann sich in vielfacher Hinsicht positiv auf ihr Kind auswirken. Tiere fördern soziale Kontakte, heben das Selbstwertgefühl, fördern Empathie, schenken Vertrauen und Nähe und fordern uns auf, Verantwortung zu übernehmen. Sie helfen ihrem Kind bei der Verbesserung der Körperwahrnehmung, fördern einen Zugang zu seinem eigenen Körper und unterstützen es bei der „Nachnährung“ von körperlichen und emotionalen Bedürfnissen (z.B. über kuscheln, Körperkontakt, positiv in Beziehung gehen). Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen reguliert der Körperkontakt mit Tieren zudem den Blutdruck und die Herzfrequenz des Menschen und trägt dazu bei, dass wir innerlich und äußerlich zur Ruhe kommen.

Tiere lügen nicht
Kinder und Jugendliche erleben in ihrem Alltag oft Abwertung, autoritäre Hierarchien, inkonstante Beziehungen, sozialen und kommunikativen Druck, womit sie umgehen müssen, um in einer Gruppe bestehen zu können. Im Kontakt mit dem Tier jedoch kann ihr Kind einen Raum erleben, in dem es sein darf, wie es ist. Das Tier wertet nicht nach äußerem Aussehen, Sprachfehler, Verhaltensauffälligkeiten oder ähnlichem. Es nimmt ihr Kind mit seinen Fähigkeiten und Schwierigkeiten an, wie es ist. Tiere reagieren immer authentisch und unmittelbar. Sie lügen nicht.

Der Aschenputtel-Effekt fördert authentisches Verhalten
Durch einen hochsensiblen Wahrnehmungsapparat kann ein Tier Gefühlslagen und Körpersignale von Menschen lesen und widerspiegeln. Diese „Rückmeldungen“ helfen Kindern, sich selber besser wahrnehmen, verstehen und annehmen zu können. Darüber hinaus helfen ihnen die Tiere, über den sogenannten Aschenputtel-Effekt stimmiges (authentischen) Verhalten zu entwickeln. Das bedeutet, dass ein Kind sich im Kontakt nicht verstellen muss, auch wenn es nicht dem gängigen Ideal entspricht. Das Kind wird gleiches auch vom Tier erleben. Bestimmte menschliche Werte (Markenbekleidung, Titel) wie auch Worte können die Tiere nicht zu einem geforderten Verhalten bewegen. Ebenso gibt es in der Kommunikation mit dem Tier keine Diskrepanz zwischen dem gesprochenen Wort und nonverbaler Mimik, Gestik und Körpersprache, während bei uns Menschen oftmals die Worte nicht mit unserem Verhalten übereinstimmen.

Die positiven Lerneffekte für Kinder und Jugendliche
Für Kinder und Jugendliche, die die Angebote der tiergestützten Hilfen nutzen, bedeutet dies, die eigene Körpersprache und die Körpersignale zu verfeinern, diese in der Kommunikation mit seinen Mitmenschen einzusetzen, aber auch, die von anderen Menschen verstehen zu lernen. Schließlich findet 80% der menschlichen Kommunikation nonverbal statt. Sie lernen, im Umgang mit ihren Mitmenschen authentisch zu werden und den Wert einer ehrlichen und partnerschaftlichen Kommunikation zu schätzen. Das Tier ermöglicht ihnen zudem einen leichteren Umgang mit Frustrationen, da es das Verhalten ehrlich spiegelt und unmittelbar auf deren Verhalten reagiert. So bekommen sie ein direktes und ehrliches Feedback, welches leichter angenommen werden kann als das von anderen Menschen.

Wie wir mit Tieren arbeiten
Auf der Farm arbeiten wir überwiegend mit sozial hoch entwickelten „Co-Pädagogen“ wie z.B. Eseln, Pferden und Ziegen. Dies hat den Vorteil, in der Reflektion von Übungen mit dem Medium Tier die Übertragung auf die menschlichen Gruppen - in Form von Analogien - bewältigen zu können. Sie leben in festen Sozialverbänden, die durchaus als Familienverbände bezeichnet werden können. Im Verband gibt es ein Leittier und klare Führungsmuster, die nicht mit einer autoritären Hierarchiestruktur verwechselt werden dürfen. Ihr Sohn oder ihre Tochter begreift und erfährt durch diese Strukturen, dass jeder mit seinen Fähigkeiten so eingesetzt wird, wie er oder sie es am besten kann. Sie erfahren darüber, dass sie auf sich selber vertrauen können, aber auch für andere wertvoll sind. Dadurch erleben sie eine positive und konstante Beziehungsgestaltung und ein Angenommen-Werden, wie es ihnen im menschlichen Umgang oftmals fehlt.